Von Lüneburg nach Niederhaverbeck auf dem Pastor-Bode-Weg

Von Lüneburg nach Niederhaverbeck auf dem Pastor-Bode-Weg

Erster Tag

Um 10:05 Uhr nehme ich den Zug über Uelzen nach Lüneburg. Um 11:34 Uhr mit 10 Minuten Verspätung bin ich in Lüneburg angekommen. Die Stadt ist am Samstagvormittag sehr belebt. Ich kaufe mir auf dem Wochenmarkt am Rathaus einen Apfel. Gegen 12:00 Uhr bin ich am Kloster, welches der Ausgangspunkt des Pastor-Bode-Wegs ist.

Die ersten Meter führen mich auf den Kalkberg. Das ist ein kleines Naturschutzgebiet mitten in Lüneburg. Ich Folge bei meinem Weg heraus aus Lüneburg der Jakobsmuschel sowie einer gelben Kompassnadel. Ich komme durch eine schöne Eichenallee, die durch eine Kleingartenanlage führt. Circa 50 Minuten nach Ankunft in Lüneburg erreiche ich die Stadtgrenze. Vor mir liegen Felder und Wälder. Im Gegensatz zu den letzten zwölf Tagen, ist das Wetter nicht mehr sonnig sondern bewölkt. Sobald ich aus der Stadt heraus trete, bläst mir ein frischer Wind ins Gesicht.

Der Weg führt mich nun südlich von Reppenstedt durch ein Naturschutzgebiet. Die Wälder sind noch sehr gezeichnet von den Stürmen vom Anfang des Jahres. Viele, teilweise auch junge Bäume, liegen umgestürzt auf dem Boden. Gleichzeitig ist der Frühling schon soweit, dass die Vegetation überall nach vorne strebt. Osterglocken, Narzissen und andere bunte Blumen sprießen aus dem Boden empor. Sträucher treiben frische grüne Blätter aus und Obstbäume tragen bereits weiße leuchtende Blüten.

Um 13:20 Uhr mache ich eine erste Pause. Ich finde eine Bank an einer großen Lichtung. Der Wind frischt auf und ich ziehe mir meine Jacke wieder an. Dann knabbere ich aus meiner Dose voll mit Cashews, esse ein paar Trockenfrüchte und außerdem eine der beiden Salamis, die ich mir eingepackt habe.

Um Punkt 14:00 Uhr bimmelt meine Uhr und weist mich darauf hin, dass ich nun die ersten 10 km Strecke hinter mir habe. Ich bin gerade in einem kleinen Waldstück westlich von Reppenstedt und nördlich von Kirchgellersen. Nach anfänglichen Druckstellen, sitzt mein Rucksack mittlerweile ganz gut. Überhaupt fühle ich mich körperlich fit. Auch anfängliche Schmerzen in der linken Hüfte sind mittlerweile weg. Ich habe mich sozusagen warm gewandert.

Mittlerweile sind die Wolken wieder aufgelockert und die Sonne scheint ab und zu mit ihren wärmenden Strahlen zu mir herunter. Der Weg führt nun viel durch offenes Gelände und an Feldern und Wiesen entlang. Gegen 15:00 Uhr mache ich eine längere Pause auf einer Bank, die am Wegesrand steht und schaue über den Acker nach Kirchgellersen.

Es ist 16:10 Uhr und mittlerweile habe ich den Ort Westergellersen passiert. Die Sonne tritt nun in die entscheidende Phase ihres heutigen Untergangs ein. Die Wolken haben sich mittlerweile alle aufgelöst und die Welt um mich herum leuchtet in satten Farben mit immer länger werdenden Schatten. An einer Kreuzung finde ich eine uralte riesengroße alleinstehende Eiche unter der ich Platz nehme und eine Weile in der wärmenden Abendsonne verschnaufe.

Gegen 16:30 Uhr erreiche ich das Reitturniergelände von Luhmühlen. Hier herrscht gemäßigtes Treiben. Leute auf Pferden und Fahrrädern tummeln sich hier und schweres Gerät bereitet offensichtlich den Platz für das nächste Turnier vor.

Nach genau 20 km Wegstrecke komme ich an der Luhe an. Ich nehme Platz auf einer Bank, die am Ufer steht. An dieser Stelle mündet der Grünenbach in die Luhe. Zur Zeit hat er aber offensichtlich so wenig Wasser, dass die Luhe den Bach speist. Außerdem spannt sich hier eine alte zerfallen Betonbrücke über die Luhe. Die Abendsonne scheint genau auf die Bank auf der ich sitze. Es ist herrlich.

Seit circa 2 km bekomme ich deutliche Ermüdungserscheinungen. Mein rechtes Fußgelenk fängt an zu schmerzen. Ich gehe auch etwas langsamer als zuvor.

Um 17:30 Uhr erreiche ich Luhmühlen. Es ist der erste Ort seit Lüneburg, den ich durchquere. Und um kurz vor 18:00 Uhr erreiche ich Salzhausen. Während Luhmühlen ein kleiner Pferde – Schickimicki Ort ist, ist Salzhausen ein ganz normaler alter roter-Backsteinhaus Ort.

Es ist 18:45 Uhr und ich bin bei Kilometer 26. Ich mache relativ erschöpft eine Pause. Durch Salzhausen bin ich mittlerweile durch. Der Ort war größer als ich dachte und es zog sich ganz schön in die Länge. Leider ist es noch weit bis zum nächsten Waldgebiet. Außerhalb von Salzhausen gibt es nur Wiesen, Sümpfe und nur vereinzelt Bäume. Hier kann ich die Nacht leider nicht verbringen.

Gegen 19:00 Uhr habe ich in einem kleinen Wäldchen einen Schlafplatz gefunden. Der Platz ist blickgeschützt, trocken und doch irgendwie exponiert. Ich baue mein Zelt auf und krieche hinein.

Um 20:00 Uhr habe ich dann das Telefon ausgeschaltet und mich schlafen gelegt. Die erste Etappe des Weges ist so zu Ende gegangen.

Zweiter Tag

Die Nacht war angenehm und sehr erholsam. Die Nacht war sozusagen ohrenbetäubend ruhig. Anfangs hat man noch ein paar Mäuse rascheln gehört aber dann wehte nicht mal mehr ein Lüftchen. Ich habe hervorragend geschlafen. Aber ab und zu bin ich wach geworden, doch ich glaube, dass das normal ist in fremder Umgebung. Gegen 1:00 Uhr nachts musste ich raus, um Wasser zu lassen und ich fand mich unter einem bombastischen Sternenhimmel wieder. Mit Einbruch der Dämmerung setze das Vogelgezwitscher ein und auch die kleinen Tiere fingen wieder neben meinem Zelt an zu rascheln. Außerdem hat ein leichter Nieselregen begonnen.

Nachdem ich aus dem Zelt gestiegen war, stellte ich fest dass es doch kein Nieselregen war, der auf mein Zelt prasselt, sondern das nächtliche Kondenswasser, welches von den Bäumen über mir herunter tropfte. Als nächstes habe ich dann mein Zelt wieder eingepackt und war irgendwie ganz erschrocken, als ich merkte, wie schwer doch eigentlich mein Rucksack ist. Im Anschluss habe ich meine Sitzunterlage herausgeholt und mir ein Frühstück bestehend aus Haferflocken mit Trockenfrüchten und einer Tasse Tee zubereitet. Die Temperatur heute Morgen nördlich von Eyendorf beträgt 3 °C.

Um 9:15 Uhr verlasse ich den Ort, an dem ich die Nacht verbracht habe. Nach wenigen Metern bin ich wieder auf dem Pastor-Bode-Weg. Der Weg führt mich nun über einen Sandweg und durch eine schöne alte Eichenallee vorbei an Eyendorf. Dort begrüßt mich am Ortsrand eine schöne alte weiße Windmühle. Der Morgen ist in einen tristen Nebel gehüllt. Ich bin alleine und treffe keine Menschenseele. Mein Blick schweift über die weiten Felder, die teilweise darauf warten, bestellt zu werden.

Nach wenigen Kilometern komme ich westlich von Eyendorf in einen Klosterforst. Es ist ein wirklich stattlicher Mischwald. Auch dieser ist gezeichnet von den Stürmen und es stapeln sich Tonnen an Holz links und rechts der Forstwege. Selbst heute am Sonntag sind die Waldarbeiter dabei, das Holz aus dem Wald zu holen.

Nach etwas mehr als 5 km am heutigen Tage komme ich innerhalb des Forstes auf eine imposante Wegespinne. Fünf breite Wege, die alle geradeaus durch den Wald verlaufen, treffen sich hier an einer großen Lichtung.

Nach circa 36,5 km nach meinem gestrigen Start in Lüneburg erreiche ich die Autobahn 7 bei Egestorf. Eine Unterführung öffnet mir den Weg auf die andere Seite. Zuvor hatte ich noch eine kurze Rast gemacht und die letzten Cashews meiner 200 g Packung verzehrt.

Um 11:45 Uhr erreiche ich Egestorf. Der Nebel hat sich mittlerweile gelichtet und der Blick kann wieder frei übers Land schweifen. Es bleibt eine geschlossene  Wolkendecke und Temperaturen unter 10°. Ich trage Mütze und Handschuhe.

Eine halbe Stunde später bin ich in der Ortsmitte und kehre ein in ein Café. Dort nehme ich ein weiteres Frühstück zu mir. Es gibt zwei belegte halbe Brötchen und einen Pott Kaffee.

Um 12:45 Uhr geht es relativ gestärkt weiter auf dem Pastor-Bode-Weg. Zwischendurch musste ich die Akkus meines GPS – Gerätes wechseln. Mit Entsetzen musste ich feststellen, dass aber auch das Ersatzakkupaar leer war. So muss ich mich jetzt rein anhand der Beschilderung nach  Wilsede durchschlagen.

Nach 3 Stunden Gehzeit am heutigen Tage erreiche ich um genau 13:00 Uhr die Grenze des Naturschutzgebietes Lüneburger Heide. Gleich am Anfang wird man begrüßt durch eine weite Heidelandschaft am Auberg mit einem atemberaubenden Blick nach Westen über die umliegende Landschaft. Mittlerweile ist die Wolkendecke aufgerissen und die Sonne lässt sich blicken. Und genau wie im Westerwald, dringt auch hier der aller kleinste Sonnenstrahl tief ins Herz hinein.

Der Weg führt Berg ab an alten, gedrungen Eichen vorbei, von denen man sieht dass nicht der Förster sondern der liebe Gott sie gepflanzt hat. Die Autobahn oder andere Zivilisationsgeräusche sind gar nicht mehr wahrzunehmen. Man hört nur das Singen der Vögel und das leichte Rauschen des Windes im Wald.

Der wilde Weg führt hinunter durch sumpfiges und feuchtes Gelände und ich komme an den Radebach, der mit seinem sandigen Flussbett und klarem Wasser sich so seinen recht breiten Weg durch die Landschaft schlängelt. Ich quere den Bach über eine Holzbrücke und Folge dann einem Holzbohlensteg den weiteren Verlauf des Weges durch das sumpfige Gelände. Ein wenig später an einer Biegung des Flusses, mache ich eine Rast in der Mittagssonne. Ich spanne meine Hängematte zwischen zwei Erlen direkt am Ufer des Baches auf, so dass meine Hängematte eigentlich über dem Bach am Ufer hängt. Dort döse ich ungefähr 20 Minuten. Das war herrlich und sehr erholsam. Um 14:25 Uhr packe ich wieder alles zusammen und mache mich weiter auf meinem Weg nach Wilsede. Bei herrlichstem Wetter führt mich der Weg jetzt über weite Heidelandschaften mit stattlichen Wachholdern. Der Himmel ist mittlerweile wolkenlos und die Sonne wärmt in den frühen Frühling hinein. Die Luft riecht nach trockenem Heideboden und nach Kiefernwäldern. Ich halte inne und lausche der Stille die nur durch das Vogelgezwitscher in Dolby Surround Sound erfüllt wird.

Immer weiter geht der Weg durch die schier unendliche Heidelandschaft. Der Weg führt vornehmlich über eine Höhe und erlaubt einem fortwährend den Blick über die weite Landschaft mit ihrer Heide und ihren Wäldern. Der Weg ist gesäumt von Birken und Wachholdern und von alten toten Bäumen, deren Überreste am Wegesrand liegen und aussehen wie die Gebeine toter Ochsen in der Prärie.

Die letzten Meter nach Wilsede führen vorbei an einem offenen, mystischen Wald seltsam gewachsener Buchen und Eichen. Immer mehr Menschen zu Fuß, auf Rädern oder in Kutschen tummeln sich bei dem herrlichen Frühlingswetter hier in der Heide.

Nach 20 km auf der heutigen Tour erreiche ich Wilsede. Der Ort wird durchdrungen durch das Geblöke von Heidschnucken. Ich kehre ein in der Milchbar. Das Gasthaus zum Heidemuseum ist leider immer noch geschlossen. Das ist schade, da dort die Gerichte besser sind und es Bedienung am Platz gibt. Andererseits läge die Terrasse nicht in der Sonne. In der Milchbar stelle ich mich also in der Schlange für die Selbstbedienung an und nehme dann mein Tablett und suche mir einen Tisch in der Sonne. Ich esse eine Frikadelle mit Kartoffelsalat und dazu ein schönes alkoholfreies Weißbier.

Mein Weg auf dem Pastor-Bode-Weg endet nun hier in Wilsede. Die letzte Etappe meiner Wanderung führt mich weiter nach Niederhaverbeck. Um 16:34 Uhr breche ich auf und meine müden Knochen brauchen etwas, um wieder in Gang zu kommen. Ich entscheide mich, den direkten Weg nach Niederhaverbeck und nicht den Umweg über den Wilseder Berg zu nehmen. Nun liegen noch 4 km vor mir.
Der Weg führt schnurgeradeaus auf der dreispurigen Wilseder Autobahn, der Sonne entgegen . Ganz links ist eine Spur für die Kutschen, in der Mitte eine asphaltierte Straße für Autos und Fahrräder und ganz rechts ein Waldweg für die Wanderer.

An der Gabelung, wo sich der Weg rechts nach Niederhaverbeck und links nach Oberhaverbeck teilt, mache ich in der späten Nachmittagssonne eine letzte Rast und vernasche mein letztes Proviant.

Am Ortsrand von Niederhaverbeck nehme ich noch einen Schluck Wasser aus meinem Trinkschlauch. Gerade in diesem Moment gehen die 3 l Wasser, die ich mitgeführt habe, zur Neige.

Um 17:30 Uhr erreiche ich den Haverbeckhof. Hier endet nun meine Wanderung von Lüneburg nach Niederhaverbeck nach insgesamt über 52 km.