Von Steinen zu Menschen: Die Transformation der Böhme-Zeitung zur Remote-First-Arbeitsweise

Am heutigen Mittwochmorgen klingelte erneut das Telefon des Sicherheitsdienstes. Wie schon so oft in den letzten Monaten hatte ein Alarm in der Haburger Straße 63, dem ehemaligen Betriebsgebäude der Böhme-Zeitung in Soltau, ausgelöst. Es ist bereits gut neun Monate her, dass wir dieses Gebäude verlassen haben. Dies war das Ergebnis eines zwölfwöchigen OKR-Zyklus im Jahr 2023, wobei wir hervorheben möchten, dass wir keineswegs umgezogen, sondern schlichtweg ausgezogen sind. Der zentrale Unterschied liegt darin, dass man bei einem Umzug alles mitnimmt, während man beim Auszug alles, was überflüssig ist, zurücklässt.
Für die Produktion einer Zeitung benötigen wir heute nicht mehr als unsere kreativen Köpfe und kleine Hilfsmittel wie einen Laptop und ein Headset zur Kommunikation. Vernetzte Köpfe sind mehr als die Summe ihrer Teile. Ein Rundgang durch das alte Gebäude ist für mich eine Mischung aus Nostalgie und dem befriedigenden Gefühl, unnötigen Ballast hinter sich gelassen zu haben. Nach acht Monaten Abwesenheit erinnert das Gebäude an einen "Lost Place". Es wirkt, als hätten wir es aus Panik verlassen: Alte Computer, Schränke, Reste der EDV, Leitzordner, Kopiergeräte, Stellwände und Tische stehen wahllos herum. An vielen Stellen hängt die Rasterdecke herab, geschädigt durch starke Regenfälle im letzten Winter und Frühjahr, die durch das undichte Flachdach eingedrungen sind.









Seit Jahrzehnten wurden immense Gelder in die Instandhaltung gesteckt, um den maroden Zustand zu kaschieren. Der gesamte Gebäudekomplex mit über 6000 Quadratmetern verschlang jährlich zwischen 100.000 und 120.000 Euro an Heiz- und Instandhaltungskosten. Das war für eine sich ständig wandelnde Branche wie die unsrige auf Dauer nicht tragbar. Der Schritt, dieses Gebäude zu verlassen, war sowohl richtig als auch notwendig.
Ich erinnere mich an meine Kinderzeiten, als das Gebäude von Leben und Arbeit erfüllt war. In den 80er- und 90er-Jahren arbeiteten dort über 180 Menschen, sowohl in den Büros als auch in den Produktionshallen der Zeitungs- und Akzidenzdruckerei. Heute haben wir uns auf ein gesundes Maß verkleinert und beschäftigen noch etwa 55 Mitarbeiter. Seit März wird hier nicht mehr gedruckt, was eine positive Entwicklung ist. Es ist ein seltsames Gefühl, durch die leeren Gänge zu laufen, an einem Mittwochmorgen niemanden zu sehen und trotzdem zu wissen, dass auch am nächsten Tag wieder eine Zeitung produziert, online verbreitet und in gedruckter Form an unsere Kunden geliefert wird.
Ich setze mich auf einen verlassenen schwarzen Schreibtischstuhl. Im ehemaligen großen Redaktionsraum sehe ich Spinnweben an den Wänden und den blauen Himmel durch die Fenster im mittlerweile zugewucherten Innenhof. Dabei frage ich mich, wie Unternehmen heute noch neue Gebäude für Wissensarbeit bauen oder beziehen können. Es sind nicht die Gebäude, die ein Unternehmen ausmachen, sondern die Menschen und ihre Zusammenarbeit. Unser Fokus sollte nicht auf den Steinen, sondern auf der echten Kollaboration liegen. Wir müssen den Menschen die Freiheit geben, das Wie und das Wo ihrer Arbeit selbst zu bestimmen.
Dieser Schritt der Böhme-Zeitung zur Remote-First-Arbeitsweise ist ein überzeugendes Beispiel dafür, wie Unternehmen sich neu erfinden und dabei die Kraft und Kreativität ihrer Mitarbeiter freisetzen können. Wir haben erkannt, dass der Wert eines Unternehmens nicht in seinen Mauern liegt, sondern in den Menschen, die es ausmachen.

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