Tageszeitungen - wofür und nicht für wen wir relevant sind

Wofür wir relevant sind
In Diskussionen mit meiner Redaktion höre ich oft Sätze wie "Wir müssen den Bericht mitnehmen" oder "unsere Leser erwarten das". Und dann geht es dabei um Texte und Berichte, bei denen die Einordnung in die Kategorie Minderheits-Sparten-Berichterstattung schon schmeichelhaft ist. Hier ist genau die Stelle, an der wir Verleger und Herausgeber von Tageszeitungen uns einmal ganz bewußt werden sollten, was wir eigentlich publzieren und wie wir es unseren Erfüllungsgehilfen, unseren Redakteuren und Redakterinnen vermitteln.
Wenn wir die Welt der publizistischen Möglchkeiten, also die Themenfelder über die man schreiben könnte, einfach mal in einem dreidimensionalen Raum modelliert (nur aus dem Grunde, weil wir uns n-Dimensionen zu schlecht vorstellen können), dann stellen wir uns eine Kugel vor, auf deren Oberfläche es nur so wimmelt von Menschen und ihren Interessen. Im Inneren dieser Kugel ist der jeweilige herausgeberische Nukleus. Von hier aus bestimmt der Herausgeber seine Richtung (quasi einen Vektor) über was er berichten möchte. Er bestimmt das große Thema, die Ausrichtung, er bestimmt, an welcher thematischen Stelle er die Welt ein Stückchen besser machen möchte. An irgendeiner Stelle wird dieser Vektor die Oberfläche der Kugel durchbrechen. Hier ist der Punkt, an dem wir relevant sind oder sein wollen. Da die Kugel überall besiedelt ist, werden dort Mensch sein, für die das Geschriebene relevant ist. Aber für uns ergibt sich daraus nicht die Frage Für wen sind wir relevant sondern Wofür sind wir relevant.

Folgen wir unserer Mission
Jedes gute StartUp beginnt mit einer Vision und einem daraus hergeleiteten Mission-Satement. Wenn wir Verlage noch nicht so weit sind, dann wird es schleunigst Zeit, sich über unsere jeweiligen Ziele und Missionen im Klaren zu werden!
Die Markierung der BöhmeZeitung lautet Wir geben Orientierung. Unsere Mission ist es, dem Menschen in einer demokratischen und liberalen Gesellschaft all das Wissen und die Informationen zur Verfügung zu stellen, welche er benötigt, um eigenverantwortlich, fundierte Entscheidungen zu treffen. Außerdem ist es unsere Aufgabe, all diejenigen zu kontrollieren, die vorübergehend von der Gesellschaft mit Macht, Verantwortung und Geld ausgestattet wurden.
Moderne Führung und Beauftragung
Die Herausforderung dabei liegt darin, die in den Redaktionen produzierten Inhalte auf die herausgeberischen Ziele und deren Leitplanken hin anzugleichen. Die Redaktionen müssen heraus aus der innerbetriebleichen Isolation und der Selbstbeauftragung. Dazu benötigen wir moderne (agile) Führungsmethoden mit einer klaren Beauftragung und mit regelmäßigen Feedback- und Refelexionsprozessen.
Wir müssen es schaffen, unserer herausgeberischen Mission zu folgen und der sich daraus ergebenden Zielgruppe das bestmögliche Nutzer- und Leseerlebnis zu bieten. Es sollte uns also nicht die Frage leiten, was jemand von uns erwartet, was wir publizieren sollten, sondern wie wir das, was wir publizieren wollen (um die Welt zu einem besseren Ort zu machen), so verständlich und interessant wie möglich vermitteln.
Chancen und Skalierbarkeit
Dem Niedergang der Zeitungen ist etwas entgegenzusetzen. Wir müssen uns auf unseren Kern besinnen, diesen Schärfen und unseren Lesern ein klares Versprechen abgeben. Das wird bei jedem Verlag anders lauten, aber abgegeben werden muß es. Wenn wir ein Commitment darauf abgeben, wofür wir relevant sind, dann ergeben sich daraus große Chancen und Skaleneffekte, die über eine regionale Relevanz, abgeleitet von bisherigen Verbreitungsgebieten, hinausgeht.
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